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Radioankündigung von Elisabeth Burchhardt auf NDR 90,3
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Die unfreiwillige Liebensbeziehung // Birgit Schmalmack // hamburgtheater // 28.02.2014


„Du bist wie immer zu spät!“ „Nur eine Minute...“ „Ich hasse es, dass man sich nicht auf dich verlassen kann.“ Schon der Beginn des abendlichen Treffens zwischen Mutter (Sabine Werner) und Tochter (talentiert: Eva Bay) ist gespickt mit Vorwürfen. Ein nicht ganz einfaches Verhältnis, dem die Regisseurin Anne Schneider in „Desaster“ im Lichthof auf die Spur zu kommen versucht.

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Die kleinen Episoden, die beiden Protagonistinnen auf der Bühne erzählen, geben einen tiefen Einblick in diese besondere unfreiwillige, lebenslange Liebesbeziehung. 

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Dazwischen führt die Tänzerin Antje Rose die eingrenzenden Bewegungsmuster der Beiden vor. Diese Choreographie wird besonders stark, wenn sie sich kostümbildnerischer Mittel bedient. Die Tänzerin knotet drei schlauchförmige Wendekleider aneinander und steigt von dem einen ins nächste. Oder sie zieht sich einen Petticoat aus Plastikreifen über, der von der Mutter mit Wollfäden an den Wänden festgebunden wird. Ein Bild, das die Bindung zwischen den beiden perfekt verdeutlicht, ist ein meterlanger, grauer Strickmantel, der der Tochter übergestreift wird.
An seinem Ende sitzt strickend die Mutter. Die übergroße, wärmende Fürsorge hält die Tochter fest, begrenzt ihren Freiraum und verpflichtet sie zur Dankbarkeit vor so viel emsiger, liebevoller Arbeit.

Der Kampf mit den Müttern // Hinrike Gronewold // weltexpress // 10. April 2014

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Kurze Szenen wechseln mit Erfahrungsberichten, die bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückreichen. Besonders erschütternd die Geschichte eines Mädchens, das nachts nach dem Sirenengeheul nicht zum Luftschutzkeller laufen konnte, weil ihm die Beine den Dienst versagten. Erzählt wird das ohne große Emotionen. Die Frauen sind nicht wehleidig, sie jammern nicht und sie klagen nicht an.

Die Tänzerin Antje Rose gestaltet dieses zähe, schweigsame Ringen der Frauen mit ihren Schicksalen. Sie schlängelt sich über den Boden, verhüllt sich mit Kleidungsstücken und windet sich aus ihnen heraus, als wolle sie sich häuten.. Antje Rose tanzt mit einem überlangen Mantel aus grauer Wolle, der zur Leine wird, an der die Tochter, angebunden zum Rendezvous geht, während die Mutter am anderen Ende an der Leine strickt.

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Das Stück enthält eine Fülle von Informationen, die geschickt in die Spielszenen hineingearbeitet sind und niemals belehrend wirken, sondern wie Angebote zum Weiterdenken. Sabine Werner, Eva Bay und Antje Rose verstehen es, das Publikum ins Geschehen hineinzuziehen und es auch mit musikalischen Darbietungen zu unterhalten. Sie sind nur zu Dritt, aber verwandeln sich immer wieder auch in die vielen Frauen, auf deren Erinnerungen und Erfahrungen die Texte basieren.

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Anne Schneider hat mit einem wunderbaren Team die problematischen Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern unter den Einflüssen gesellschaftlicher Veränderungen sehr klug und einfühlsam auf die Bühne gebracht.

 

Kritik von Desaster // Steffen Kassel // pagewizz // 05. April 2014

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Es kommt zu Umarmungen, aber nicht zu Freudentänzen. Antje Rose sehen wir einige Male, wie sie Sabine Werner umschlingt, als wolle sie sie nie mehr loslassen. Es sind rührende Bilder, die da zustande kommen. Die sehr überzeugende Tochter, gespielt von Eva Bay, besinnt sich auf ein Gefühl, das in Familienverhältnissen fast ein bisschen aufgebraucht und altmodisch klingen mag – auf die Liebe.

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